Wer trägt die Beweislast im Insolvenzfall?
Im Insolvenzfall ist die Frage der Beweislast zentral – je nachdem, welche Tatsachen bewiesen werden müssen, können sich die Anforderungen erheblich unterscheiden.
Hier ein umfassender Überblick:
1. Allgemeiner Grundsatz
- Formelle und materielle Beweislast
Die Partei, die eine Tatsache geltend macht, trägt auch die Beweislast dafür.
2. Insolvenzfälle: Gläubiger- vs. Verwalterpflichten
- Insolvenzanfechtung (§§ 129–147 InsO)
Der Insolvenzverwalter trägt im Regelfall die Darlegungs- und Beweislast für:- Vorliegen eines anfechtbaren Tatbestands (z. B. inkongruente Deckung)
- Benachteiligungsvorsatz (§ 133 InsO)
- Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung
- Beweislastumkehr bei nahestehenden Personen
Wurde Zahlungen an nahe Angehörige oder Beteiligte geleistet, wird vermutet, dass diese von einer Krise wussten – sie müssen dies widerlegen.
3. Zahlungsunfähigkeit als Tatsachenvermutung
- Eine Zahlungseinstellung begründet eine Vermutung der Zahlungsunfähigkeit.
- Diese Vermutung ist gesetzlich und entlastet den Verwalter in der Beweisführung.
- Jeder Betroffene kann die Vermutung widerlegen.
4. Überschuldung und Masseverbindlichkeiten
- Überschuldung (§ 19 InsO) ist ein Anzeichen für Gläubigerbenachteiligungsvorsatz – Verwalter trägt Beweislast (Bundesgerichtshof).
- Masseverbindlichkeiten: Bei nicht gedeckten Masseverbindlichkeiten tritt eine gesetzliche Vermutung ein – der Insolvenzverwalter bleibt aber in der Nachweisverpflichtung.
5. Aufrechnung durch Gläubiger
- Wer aufrechnet, muss nachweisen, dass seine Forderung bereits vor Eröffnung des Verfahrens bestand.
- Diese Beweislast liegt beim aufrechnenden Gläubiger.

Wer trägt die Beweislast im Insolvenzfall?
6. Geschäftsführerhaftung bei Insolvenzantragspflicht
- Legt ein Geschäftsführer die Antragspflicht von sich, muss er die Umstände beweisen, warum keine Insolvenz vorlag .
Überblickstabelle – Wer beweist was?
Sachverhalt | Darlegungs- & Beweislast |
---|---|
Zahlungsunfähigkeit (Einstellung) | Verwalter, Vermutung wirkt |
Überschuldung | Verwalter |
Vorsatz zur Gläubigerbenachteiligung (§ 133 InsO) | Verwalter |
Inkongruente Deckung (Nahestehende) | Gläubiger |
Masseverbindlichkeiten | Verwalter (gesetzliche Vermutung) |
Aufrechnung durch Gläubiger | aufrechnender Gläubiger |
Geschäftsführer argumentiert gegen Antragspflicht | Geschäftsführer |
Praxis-Tipps für betroffene Unternehmer
- Zahlungseinstellungen vermeiden – klare Liquiditätskontrolle.
- Auf Rechnungs- und Zahlungsfristen achten, um Inkongruenz zu vermeiden.
- Belege sorgfältig dokumentieren, um Zahlungsfähigkeit nachweisen zu können.
- Bei nahestehenden Zahlungen (z. B. Gesellschafterdarlehen): unbedingt schriftlich zweifelsfrei festhalten.
- Professionelle Fortbestehensprognose erstellen lassen, um Anfechtungsrisiken zu reduzieren.
- Der Insolvenzverwalter trägt meist die Beweislast, insbesondere bei Anfechtungstatbeständen.
- Vermutungen zu Zahlungsunfähigkeit und Masseverbindlichkeiten helfen ihm.
- Bei Zahlungen an nahe Personen dreht sich die Last um – der Zahlungsempfänger muss seine Unschuld beweisen.
Für individuelle Fragen zur Beweislast im Insolvenzfall oder Unterstützung bei Frühwarnsystemen und Fortführungsprognosen sprechen Sie uns gern an – kostenlose Erstberatung bei uns.