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Wer trägt die Beweislast im Insolvenzfall?

11. Juli 2025 / Fortführungsprognose

Im Insolvenzfall ist die Frage der Beweislast zentral – je nachdem, welche Tatsachen bewiesen werden müssen, können sich die Anforderungen erheblich unterscheiden.

Hier ein umfassender Überblick:

1. Allgemeiner Grundsatz

  • Formelle und materielle Beweislast
    Die Partei, die eine Tatsache geltend macht, trägt auch die Beweislast dafür.

2. Insolvenzfälle: Gläubiger- vs. Verwalterpflichten

  • Insolvenzanfechtung (§§ 129–147 InsO)
    Der Insolvenzverwalter trägt im Regelfall die Darlegungs- und Beweislast für:

    • Vorliegen eines anfechtbaren Tatbestands (z. B. inkongruente Deckung)
    • Benachteiligungsvorsatz (§ 133 InsO)
    • Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung
  • Beweislastumkehr bei nahestehenden Personen
    Wurde Zahlungen an nahe Angehörige oder Beteiligte geleistet, wird vermutet, dass diese von einer Krise wussten – sie müssen dies widerlegen.

3. Zahlungsunfähigkeit als Tatsachenvermutung

  • Eine Zahlungseinstellung begründet eine Vermutung der Zahlungsunfähigkeit.
  • Diese Vermutung ist gesetzlich und entlastet den Verwalter in der Beweisführung.
  • Jeder Betroffene kann die Vermutung widerlegen.

4. Überschuldung und Masseverbindlichkeiten

  • Überschuldung (§ 19 InsO) ist ein Anzeichen für Gläubigerbenachteiligungsvorsatz – Verwalter trägt Beweislast (Bundesgerichtshof).
  • Masseverbindlichkeiten: Bei nicht gedeckten Masseverbindlichkeiten tritt eine gesetzliche Vermutung ein – der Insolvenzverwalter bleibt aber in der Nachweisverpflichtung.

5. Aufrechnung durch Gläubiger

  • Wer aufrechnet, muss nachweisen, dass seine Forderung bereits vor Eröffnung des Verfahrens bestand.
  • Diese Beweislast liegt beim aufrechnenden Gläubiger.
Wer trägt die Beweislast im Insolvenzfall?

Wer trägt die Beweislast im Insolvenzfall?

6. Geschäftsführerhaftung bei Insolvenzantragspflicht

  • Legt ein Geschäftsführer die Antragspflicht von sich, muss er die Umstände beweisen, warum keine Insolvenz vorlag .

Überblickstabelle – Wer beweist was?

Sachverhalt Darlegungs- & Beweislast
Zahlungsunfähigkeit (Einstellung) Verwalter, Vermutung wirkt
Überschuldung Verwalter
Vorsatz zur Gläubigerbenachteiligung (§ 133 InsO) Verwalter
Inkongruente Deckung (Nahestehende) Gläubiger
Masseverbindlichkeiten Verwalter (gesetzliche Vermutung)
Aufrechnung durch Gläubiger aufrechnender Gläubiger
Geschäftsführer argumentiert gegen Antragspflicht Geschäftsführer

Praxis-Tipps für betroffene Unternehmer

  1. Zahlungseinstellungen vermeiden – klare Liquiditätskontrolle.
  2. Auf Rechnungs- und Zahlungsfristen achten, um Inkongruenz zu vermeiden.
  3. Belege sorgfältig dokumentieren, um Zahlungsfähigkeit nachweisen zu können.
  4. Bei nahestehenden Zahlungen (z. B. Gesellschafterdarlehen): unbedingt schriftlich zweifelsfrei festhalten.
  5. Professionelle Fortbestehensprognose erstellen lassen, um Anfechtungsrisiken zu reduzieren.
  • Der Insolvenzverwalter trägt meist die Beweislast, insbesondere bei Anfechtungstatbeständen.
  • Vermutungen zu Zahlungsunfähigkeit und Masseverbindlichkeiten helfen ihm.
  • Bei Zahlungen an nahe Personen dreht sich die Last um – der Zahlungsempfänger muss seine Unschuld beweisen.

Für individuelle Fragen zur Beweislast im Insolvenzfall oder Unterstützung bei Frühwarnsystemen und Fortführungsprognosen sprechen Sie uns gern an – kostenlose Erstberatung bei uns.