Welche Fortführungsprognosen existieren?
Welche Fortführungsprognosen gibt es?
Ein Überblick für Geschäftsführer, Steuerberater und Sanierungsberater
Die Fortführungsprognose ist ein zentrales Instrument im wirtschaftlichen Krisenmanagement.
Sie entscheidet darüber, ob ein Unternehmen bilanziell, sanierungsfähig oder insolvenzrechtlich noch „lebensfähig“ ist – und ob Geschäftsführung, Gesellschafter oder Banken mit rechtlichen Konsequenzen oder Handlungsdruck rechnen müssen.
Dabei existieren verschiedene Arten von Fortführungsprognosen, die jeweils unterschiedliche rechtliche und betriebswirtschaftliche Anforderungen erfüllen müssen.
1. Handelsrechtliche Fortführungsprognose
(§ 252 Abs. 1 Nr. 2 HGB) – Für den Jahresabschluss und den Wirtschaftsprüfer
Ziel:
Beurteilung, ob der Jahresabschluss nach dem Grundsatz der Unternehmensfortführung („Going Concern“) erstellt werden darf.
Pflicht:
Wenn es ernsthafte Zweifel an der Unternehmensfortführung gibt – z. B. bei Liquiditätsengpässen, Verlusten oder negativen Eigenkapitalquoten.
Typische Anlässe:
- Bei Erstellung des Jahresabschlusses
- Wenn der Wirtschaftsprüfer eine „Bestandsgefährdung“ vermutet
- Bei negativen Hinweisen im Lagebericht oder testierten Bericht
Anforderungen:
- Prognosehorizont: Mindestens 12 Monate ab Bilanzstichtag
- Plausibilität, Nachvollziehbarkeit, Dokumentation
- Keine Pflicht zur integrierten Planung – aber sinnvoll
- Die Beurteilung erfolgt durch die Geschäftsführung – nicht den Steuerberater
Achtung:
Wenn die Fortführungsprognose negativ ausfällt, ist eine Bewertung zu Liquidationswerten notwendig. Das kann massive bilanzielle Folgen haben – auch für Covenants oder Kreditlinien.
2. Insolvenzrechtliche Fortführungsprognose
(§ 19 Abs. 2 InsO & IDW S11) – Bei Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit
Ziel:
Nachweis, dass trotz einer bilanziellen Überschuldung keine Insolvenz vorliegt, weil das Unternehmen fortführungsfähig ist.

Welche Fortführungsprognosen existieren?
Anwendungsbereich:
- Bei Überschuldung oder drohender Zahlungsunfähigkeit
- Zur Prüfung, ob eine Insolvenzantragspflicht besteht (§ 15a InsO)
- Grundlage für Gläubigerverhandlungen oder einen Sanierungsplan
Anforderungen:
- Prognosehorizont: Mindestens 12 Monate
- Integrierte Unternehmensplanung: GuV, Bilanz, Liquiditätsplanung
- Aussage zur Sanierungsfähigkeit, Kapitaldienstfähigkeit und Wettbewerbsfähigkeit
- Prognose muss mit überwiegender Wahrscheinlichkeit positiv ausfallen
- Verweis auf IDW S11 als anerkannter Prüfungsstandard
Tipp:
Die Fortbestehensprognose sollte durch externe Experten oder in Zusammenarbeit mit einem Sanierungsberater erstellt werden – vor allem, wenn straf- oder haftungsrechtliche Risiken bestehen.
3. Sanierungsgutachten mit Fortführungsprognose (IDW S6)
Für Banken, Gläubiger, Investoren
Ziel:
Nachweis einer fundierten Sanierungsfähigkeit im Rahmen eines Sanierungskonzepts.
Wann sinnvoll:
- Zur Wiederherstellung des Vertrauens bei Banken
- Als Grundlage für neue Kreditlinien oder Stundungen
- Im Rahmen einer Fortführungsplanung bei drohender Zahlungsunfähigkeit
Inhalte eines IDW S6 Gutachtens:
- Analyse der Krisenursachen
- Prüfung der insolvenzrechtlichen Fortführungsprognose
- Erarbeitung eines konsistenten Maßnahmenplans
- Integrierte Planung über mindestens 3 Jahre
- Einschätzung zur Sanierungsfähigkeit und zur Fähigkeit, Kapitaldienste zu leisten
Hinweis:
Viele Banken akzeptieren nur ein Sanierungsgutachten nach IDW S6 als Grundlage für neue Kredite – oder für die Beurteilung, ob sie von einer Beihilfe zu einer Insolvenzverschleppung betroffen wären.
4. Fortführungsprognose im Rahmen des StaRUG-Verfahrens
Vorinsolvenzliche Sanierung (seit 2021)
Ziel:
Im Restrukturierungsrahmen nach dem StaRUG (Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz) muss das Unternehmen nachweisen, dass es ohne Insolvenzverfahren saniert werden kann.
Einsatzbereich:
- Bei drohender Zahlungsunfähigkeit
- Als Alternative zur Regelinsolvenz oder Eigenverwaltung
- Zur Vorbereitung eines Restrukturierungsplans mit Gläubigern
Anforderungen:
- Ähnlich wie bei IDW S11: integrierte Planung und Prognose
- Frühzeitige Einbindung der Stakeholder
- Gerichtliche oder außergerichtliche Umsetzung möglich
Besonderheiten:
- Eingeschränkte Gläubigergruppen können einbezogen werden (keine Gesamtquote nötig)
- Plan kann gerichtsfest bestätigt werden
- Eine negative Fortführungsprognose kann den Weg ins Insolvenzverfahren bedeuten
5. Welche Fortführungsprognose braucht mein Unternehmen?
Übersicht und Entscheidungshilfe
Anlass | Passende Prognose | Standard | Wer prüft? |
---|---|---|---|
Zweifel beim Jahresabschluss | Handelsrechtliche Fortführungsprognose | § 252 HGB | Geschäftsführung (ggf. WP) |
Drohende Insolvenz | Insolvenzrechtliche Fortbestehensprognose | IDW S11 | Externe Berater, GF |
Sanierung mit Bankunterstützung | IDW S6 Sanierungsgutachten | IDW S6 | Wirtschaftsprüfer, Berater |
Vorinsolvenzliche Einigung mit Gläubigern | StaRUG-Fortführungsprognose | StaRUG § 29 ff. | Berater + ggf. Gericht |
Gerichtliches Insolvenzverfahren in Vorbereitung | Fortführungsprognose für ESUG | IDW S6/S11 | Sanierungsberater, IDW-konform |
6. Praxisfehler vermeiden – was viele übersehen
Häufige Irrtümer:
- „Wir haben ja noch Eigenkapital.“ → Aber sind Sie auch zahlungsfähig?
- „Der Steuerberater macht die Planung.“ → Er trägt nicht die Verantwortung.
- „Der Jahresabschluss ist testiert.“ → Das schützt nicht vor Haftung.
Achtung:
Eine unzureichend dokumentierte oder zu optimistische Prognose kann zu strafrechtlicher Haftung wegen Insolvenzverschleppung führen (§ 15a InsO, § 64 GmbHG a. F.).
7. Die Fortführungsprognose ist mehr als ein Pflichtdokument
Sie ist ein strategisches Frühwarninstrument. Wer sie frühzeitig nutzt, kann Gläubiger rechtzeitig einbinden, Haftungsrisiken reduzieren – und eine Insolvenz vermeiden. Je nach Situation braucht es die passende Form, die korrekte Methodik und einen glaubwürdigen Ersteller.
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