Insolvenzgründe in Deutschland
Insolvenzgründe in Deutschland: Was Unternehmer und Berater unbedingt wissen müssen
Warum Insolvenz nicht plötzlich kommt – sondern planbar ist
Insolvenzen passieren nicht über Nacht. Sie sind fast immer das Ergebnis einer längeren Entwicklung – oft über Monate hinweg.
Dennoch treffen sie Unternehmer, Berater und Stakeholder häufig scheinbar „aus dem Nichts“.
Warum?
Weil die rechtlichen Insolvenzgründe oft zu spät erkannt – oder nicht ernst genommen – werden.
In vielen Fällen sind Geschäftsführung und Aufsichtsorgane unzureichend über die rechtlichen Schwellenwerte und wirtschaftlichen Frühindikatoren informiert.
Dieser Beitrag erklärt, welche Insolvenzgründe das deutsche Recht kennt, wie sie rechtssicher festgestellt werden, was Unternehmer und Berater im Ernstfall tun müssen – und warum eine Fortführungsprognose oft der entscheidende Unterschied zwischen persönlicher Haftung und Sanierungschance ist.
Was sind Insolvenzgründe? – Definition und rechtlicher Rahmen
Im deutschen Insolvenzrecht sind die gesetzlichen Insolvenzgründe in der Insolvenzordnung (InsO) geregelt. Sie bilden die rechtliche Grundlage dafür, wann ein Insolvenzantrag gestellt werden muss – und auch, wann eine Nichtantragstellung zur persönlichen Haftung führen kann.
Die drei gesetzlichen Insolvenzgründe:
1. Zahlungsunfähigkeit (§ 17 InsO)
Ein Unternehmen ist zahlungsunfähig, wenn es nicht mehr in der Lage ist, seine fälligen Zahlungsverpflichtungen wesentlich und dauerhaft zu erfüllen. Maßgeblich ist, ob das Unternehmen innerhalb von drei Wochen mindestens 90 % seiner fälligen Schulden begleichen kann. Die Prüfung erfolgt anhand einer tatsächlichen Zahlungsunfähigkeitsanalyse, bei der vorhandene liquide Mittel, laufende Einnahmen und fällige Zahlungen gegenübergestellt werden. Zahlungsunfähigkeit liegt also nicht nur dann vor, wenn „kein Geld mehr da ist“, sondern auch dann, wenn erhebliche Verbindlichkeiten dauerhaft nicht beglichen werden können.
2. Überschuldung (§ 19 InsO)
Ein Unternehmen ist überschuldet, wenn das Vermögen die bestehenden Verbindlichkeiten nicht mehr deckt, sofern nicht eine positive Fortbestehensprognose besteht. Diese Prognose muss fundiert und nachvollziehbar darlegen, dass das Unternehmen mit überwiegender Wahrscheinlichkeit über mindestens zwölf Monate fortbestehen kann. Ist dies nicht der Fall, ist die rechnerische Überschuldung zugleich insolvenzrechtlich relevant.

Insolvenzgründe in Deutschland
Die Prüfung erfolgt regelmäßig durch einen zweistufigen Prognoseansatz gemäß IDW S11: (1) kurzfristige Überlebensfähigkeit, (2) nachhaltige Ertragsfähigkeit und Kapitaldienstfähigkeit.
3. Drohende Zahlungsunfähigkeit (§ 18 InsO)
Dieser Insolvenzgrund spielt vor allem im Rahmen von präventiven Sanierungsverfahren wie dem StaRUG eine Rolle. Er erlaubt dem Schuldner eine Antragstellung, wenn absehbar ist, dass er seine fälligen Verpflichtungen innerhalb der nächsten 24 Monate nicht erfüllen kann. Ein bedeutender Vorteil: In diesem Stadium kann das Unternehmen gestalterisch tätig werden – ohne dass es bereits zu spät ist. Der Zugang zu Restrukturierungsmechanismen ist eröffnet, ohne dass Insolvenzreife vorliegt.
Wann liegt ein Insolvenzgrund wirklich vor? – Die Praxis sieht oft anders aus
In der Unternehmenspraxis werden Insolvenztatbestände häufig zu spät oder gar nicht erkannt. Der Hauptgrund: Es fehlt an Verständnis für die juristische Definition und an einem systematischen Frühwarnsystem. Was für den Unternehmer wie ein temporäres Liquiditätsproblem erscheint, kann rechtlich bereits ein Insolvenzgrund sein.
Typische Fehleinschätzungen:
- „Solange wir noch einzelne Rechnungen zahlen, sind wir nicht zahlungsunfähig.“
- „Unsere Aktiva sind doch höher als die Verbindlichkeiten – zumindest rechnerisch.“
- „Wir haben schon Schlimmeres überstanden – diesmal schaffen wir es auch.“
Diese Einschätzungen mögen aus betriebswirtschaftlicher Sicht nachvollziehbar erscheinen – juristisch relevant sind sie nicht. Die Insolvenzgründe sind objektiv anhand klarer Kriterien zu prüfen. Fehlende Transparenz in der Finanzplanung oder emotionale Betriebsblindheit sind gefährliche Stolpersteine.
Wichtig: Geschäftsführer müssen Insolvenzgründe frühzeitig und lückenlos dokumentieren, um im Haftungsfall beweisen zu können, dass sie ihre Pflichten erfüllt haben. Eine professionelle Fortführungsprognose kann hier entscheidende Klarheit schaffen.
Infobox: Häufige Fehler im Umgang mit Insolvenzgründen
- 🔻 Zahlungsunfähigkeit wird mit fehlender Bonität verwechselt – entscheidend ist die faktische Zahlungsfähigkeit.
- 🔻 Fehlende Wochen-Liquiditätsplanung – ohne aktuelle Daten ist keine fundierte Einschätzung möglich.
- 🔻 Stille Reserven werden überschätzt – ohne Bewertungsgutachten meist unbrauchbar.
- 🔻 Keine Fortführungsprognose trotz bilanzieller Überschuldung – Pflichtverletzung mit Haftungsfolgen.
- 🔻 Verzögerung der Antragstellung wegen Hoffnung auf neue Aufträge – wirtschaftlich nachvollziehbar, rechtlich riskant.
Checkliste: Frühwarnsignale für Insolvenzgründe
- ☐ Zahlungsziele regelmäßig überschritten (>30 Tage)
- ☐ Wiederholte Rücklastschriften oder Kontopfändungen
- ☐ Ratenzahlungsvereinbarungen mit Sozialversicherungsträgern
- ☐ Bank kündigt Kreditlinie oder fordert Sicherheiten nach
- ☐ Umsatzrückgänge >20 % ohne Gegenmaßnahmen
- ☐ Keine aktuelle Fortführungsprognose vorhanden
- ☐ Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer äußert Zweifel an der Unternehmensfortführung
Handlungsempfehlung: Was jetzt zu tun ist
Schritt 1: Zahlungsfähigkeit tagesaktuell analysieren
- 13-Wochen-Liquiditätsplanung mit täglicher Ein- und Ausgabenprognose
- Priorisierung fälliger Verbindlichkeiten (öffentliche Abgaben, Personal)
- Engpass-Szenarien abbilden und dokumentieren
Schritt 2: Fortführungsprognose professionell erstellen
- Bewertung der bestehenden Krisenursachen (intern/extern)
- Maßnahmenkatalog zur Wiederherstellung der Zahlungsfähigkeit
- Integrierte Planrechnung (GuV, Bilanz, Liquidität)
- Prognose nach IDW S11 mit „Going Concern“-Fazit
Schritt 3: Pflicht zur Antragstellung bei Insolvenzreife prüfen
- Eintrittszeitpunkt der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung eindeutig dokumentieren
- Rechtsberatung oder externe Expertise (z. B. Fortfuehrungsprognose24.de) einholen
- Bei bestätigter Insolvenzreife: Antrag innerhalb von 3 Wochen stellen (§ 15a InsO)
Schritt 4: Kommunikation intern und extern steuern
- Abstimmung mit Steuerberater, Gesellschaftern und Hausbank
- Vorbereitung von Notfallkommunikation (z. B. bei Insolvenzantrag)
- Mitarbeiter, Kunden und Lieferanten aktiv einbinden – statt überraschen
Branchenhinweis: Besonders gefährdete Unternehmen
Einige Branchen sind durch ihre Struktur oder Kapitalbindung besonders krisenanfällig – und damit häufiger mit Insolvenzgründen konfrontiert:
- Baugewerbe: hohe Vorleistungen, Forderungsausfälle, Abhängigkeit von Abschlagszahlungen
- Einzelhandel: Margendruck, Mieten, Lagerkosten, Online-Konkurrenz
- Gastronomie & Hotellerie: hohe Fixkosten, Personalmangel, schwankende Nachfrage
- Kreativ- und Dienstleistungswirtschaft: projektbasierte Umsätze, keine wiederkehrenden Erträge
Für Unternehmen in diesen Bereichen lohnt es sich besonders, präventiv mit Frühwarnsystemen und Prognoseinstrumenten zu arbeiten.
Die Rolle von StaRUG, §252 HGB und IDW S11
Gerät ein Unternehmen in die Nähe der Überschuldung, ist die Frage der Fortführungsperspektive entscheidend. Der Gesetzgeber hat hierfür in mehreren Vorschriften klare Ankerpunkte geschaffen:
- §252 Abs. 1 Nr. 2 HGB verpflichtet zur bilanziellen Fortführung nur, wenn keine Fortführungszweifel bestehen.
- §19 Abs. 2 InsO bestimmt, dass eine Überschuldung nur dann kein Insolvenzgrund ist, wenn die Fortführung überwiegend wahrscheinlich ist.
- Der IDW S11 Standard beschreibt die Anforderungen an eine belastbare Fortbestehensprognose – sowohl inhaltlich als auch methodisch.
Wird die Prognose positiv ausgestellt, entfällt der Insolvenzgrund der Überschuldung. Wird sie negativ, besteht akute Antragspflicht.
Fazit: Ohne Fortführungsprognose gibt es bei bilanzieller Überschuldung kein sicheres rechtliches Fundament. Deshalb gehört sie zum Pflichtprogramm jeder Geschäftsführung in der Krise.
Fazit und Handlungsaufruf
Insolvenzgründe sind keine abstrakten Vorschriften – sie sind juristische Realitäten, die über Fortbestand oder Haftung entscheiden. Nur wer sie frühzeitig erkennt und professionell dokumentiert, kann unternehmerisch agieren statt nur zu reagieren.
📌 Nutzen Sie die Möglichkeit zur Früherkennung – bevor externe Dritte entscheiden.
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Denn wer zu spät prüft, riskiert nicht nur das Unternehmen – sondern auch seine persönliche Haftung.