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Liquiditätsbilanz

Liquiditätsbilanz – Zentrales Instrument zur Feststellung der Zahlungsunfähigkeit

Wann ist eine Liquiditätsbilanz notwendig?

In wirtschaftlich angespannten Unternehmenssituationen – insbesondere bei drohender Insolvenz – ist eine professionelle Beurteilung der Zahlungsfähigkeit unerlässlich.

Die Liquiditätsbilanz spielt in diesem Kontext eine zentrale Rolle.

Sie dient der rechtssicheren Feststellung, ob ein Unternehmen innerhalb eines gesetzlich definierten Zeitraums seine fälligen Verbindlichkeiten begleichen kann – oder ob bereits Zahlungsunfähigkeit vorliegt (§ 17 InsO).

Die korrekte Anwendung der Liquiditätsbilanz ist für Geschäftsführer, Steuerberater, Sanierungsberater und Insolvenzverwalter gleichermaßen relevant – sowohl zur Haftungsvermeidung als auch zur fundierten Krisensteuerung.

Definition: Was ist eine Liquiditätsbilanz?

Die Liquiditätsbilanz ist eine zweistufige finanzielle Gegenüberstellung, bestehend aus:

  • Stichtagsbezogene Betrachtung (Liquiditätsstatus):
    • Aktiva I: sofort verfügbare liquide Mittel
    • Passiva I: am Stichtag fällige und eingeforderte Verbindlichkeiten
  • Zeitraumbezogene Betrachtung (Liquiditätsbilanz):
    • Aktiva II: innerhalb von 21 Tagen realisierbare liquide Mittel
    • Passiva II: innerhalb von 21 Tagen fällig werdende, eingeforderte Verbindlichkeiten

Ziel ist es, die Deckungsquote zu bestimmen – also das Verhältnis zwischen realisierbaren Zahlungsmitteln (Aktiva II) und fälligen Zahlungsverpflichtungen (Passiva II).

Faustregel laut BGH: Liegt die Deckung bei unter 90 % (d. h. eine Unterdeckung von ≥ 10 %), wird Zahlungsunfähigkeit vermutet – es sei denn, konkrete Ausnahmetatbestände sind dokumentiert.

Wann ist eine Liquiditätsbilanz erforderlich?

Eine Liquiditätsbilanz ist regelmäßig zu erstellen, wenn:

  • der Liquiditätsstatus zum Stichtag eine Unterdeckung zeigt,
  • die Geschäftsführung mit Zahlungsunfähigkeit oder Insolvenzantragspflicht konfrontiert ist,
  • die Fortführung des Unternehmens infrage steht, insbesondere bei negativer Fortführungsprognose,
  • ein externer Dritter (z. B. Insolvenzverwalter, Gericht, Wirtschaftsprüfer, Bank) die Feststellung des Eintritts der Insolvenzreife verlangt,
  • die Geschäftsführung ihre Pflicht zur Selbstprüfung (§ 15a InsO) erfüllen muss.
Liquiditätsbilanz

Liquiditätsbilanz

Was gehört zu den Aktiva II? – Liquiditätsquellen im Dreiwochenzeitraum

Die Aktiva II sind alle Mittel, die im Prognosezeitraum von 21 Tagen mit hoher Wahrscheinlichkeit verfügbar gemacht werden können. Dazu zählen insbesondere:

a) Liquide Mittel:

  • Bankguthaben, Kassenbestände, Schecks
  • termingebundene, aber kurzfristig verfügbare Festgelder

b) Realisierbare Forderungen:

  • offene Kundenforderungen mit erwartbaren Zahlungseingängen
  • verbindliche Steuererstattungsansprüche
  • bestätigte Auszahlungen aus Zuschüssen oder Fördermitteln

c) Externe Mittelzuflüsse:

  • nicht ausgeschöpfte, nicht gekündigte Kreditlinien
  • schriftlich zugesicherte Gesellschafterdarlehen
  • dokumentierte Gesellschaftereinlagen mit Liquiditätswirkung

d) Liquidierbare Vermögenswerte:

  • marktfähige Wertpapiere
  • kurzfristig verwertbare Vorräte oder Anlagegüter (nur bei Verkaufswilligkeit)
  • Sale-and-Lease-Back-fähige Wirtschaftsgüter

e) Sonstige:

  • fest terminiert eingehende Mieten, Lizenzzahlungen, Zinsen

Nicht ansetzbar sind:

  • unsichere oder rechtlich streitige Forderungen
  • global abgetretene (zedierte) Forderungen
  • weiche Patronatserklärungen ohne Durchsetzungsmöglichkeit
  • Zahlungen, die unter Insolvenzgefahr angefochten werden könnten

Praxistipp: Alle Aktiva II müssen dokumentiert, realistisch eingeschätzt und mit plausiblen Prämissen bewertet werden.

Was zählt zu den Passiva II? – Zahlungsdruck im Dreiwochenzeitraum

Die Passiva II erfassen sämtliche fällig werdenden und ernsthaft eingeforderten Zahlungsverpflichtungen, z. B.:

  • Lieferantenrechnungen mit abgelaufenem Zahlungsziel
  • fällige Kreditraten, Darlehensrückzahlungen
  • Steuerschulden, insbesondere USt-Vorauszahlungen
  • Sozialversicherungsbeiträge und Personalkosten
  • Mieten, Leasingraten, Versicherungen
  • Rechtsverbindliche Zahlungsverpflichtungen aus Urteilen, Mahnverfahren

Nicht zu berücksichtigen sind gestundete Verbindlichkeiten oder Forderungen, die nicht aktiv eingefordert werden.

Achtung: Der Schuldner trägt die Beweislast dafür, dass bestimmte Verbindlichkeiten nicht als ernsthaft eingefordert gelten (z. B. durch Stundungsvereinbarung).

Die 10 %-Regel des Bundesgerichtshofs (BGH)

Die höchstrichterliche Rechtsprechung definiert:

  • Unterdeckung ≥ 10 % = Zahlungsunfähigkeit wird vermutet
  • Unterdeckung < 10 % = ggf. nur Zahlungsstockung – abhängig von Einzelfall

Ausnahmefälle:

  • Bei drohender, aber noch nicht eingetretener Zahlungsunfähigkeit kann eine positive Fortbestehensprognose ausreichen, um eine Insolvenzantragspflicht abzuwenden.
  • Bei prognostizierter Deckung der Lücke mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit (z. B. durch vertraglich fixierte Zahlungszuflüsse), kann die Vermutung der Zahlungsunfähigkeit widerlegt werden.

Die Anforderungen an den Gegenbeweis steigen proportional zur Höhe der Unterdeckung.

Bedeutung für Geschäftsführer und Haftung

Die Liquiditätsbilanz ist ein zentrales Instrument zur Vermeidung der persönlichen Haftung von Geschäftsführern und Organvertretern.

Bei unterlassener Insolvenzanmeldung drohen:

  • zivilrechtliche Haftung für Zahlungen nach Insolvenzreife (§ 64 GmbHG, § 15b InsO)
  • strafrechtliche Konsequenzen wegen Insolvenzverschleppung (§ 15a InsO)

Nur eine formell belastbare, dokumentierte und inhaltlich nachvollziehbare Liquiditätsbilanz kann als Entlastungsbeweis dienen.

Rolle der Liquiditätsbilanz in der Sanierungspraxis

Die Liquiditätsbilanz bildet die Grundlage für:

  • Fortbestehensprognosen nach IDW S11
  • Sanierungsgutachten nach IDW S6
  • Schutzschirm- und Eigenverwaltungsverfahren (§ 270b InsO)
  • Kommunikation mit Banken, Gläubigern, Finanzbehörden
  • strategische Sanierungsentscheidungen und Verhandlungen mit Stakeholdern

Unverzichtbar für Krisensteuerung und Haftungsabwehr

Die Liquiditätsbilanz ist mehr als eine reine Finanzübersicht – sie ist ein rechtlich bindendes Instrument zur Beurteilung der Insolvenzreife. Sie entscheidet mit darüber, ob ein Unternehmen fortgeführt oder Insolvenz angemeldet werden muss – und ob die Geschäftsführung haftet oder nicht.

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